Tatjana

Vereinsgründerin Assistenzhunde

„Seit dem Beginn der Corona-Pandemie kämpft unser Verein ums Überleben! Wie lange wir uns noch über Wasser halten können, steht in den Sternen.“ Tatjana, die Gründerin des Vereins VITA e.V. Assistenzhunde, sieht müde aus und kann den Frust, die Resignation nach einem Jahr des Kämpfens nur schwer verbergen.

Tatjanas Verein VITA e.V. Assistenzhunde wurde durch die Corona-Krise schwer getroffen

Vor mehr als 20 Jahre gründete die Diplom Sozialpädagogin den Verein VITA und gibt mit ihren wundervollen Assistenzhunden zahlreichen Kindern und Erwachsenen Lebensmut, Freude und ein hohes Maß an Selbständigkeit zurück. Ihr Verein finanziert sich ausschließlich über Spenden und Sponsoren. Viele von ihnen leiden selbst unter wirtschaftlichen Einbußen und mussten ihr Engagement daher stark zurückfahren. Doch selbstverständlich bleiben die Kosten bei VITA auch in der Pandemie weiterhin hoch, obwohl der Verein viele Ausgaben senken konnte und Kurzarbeitergeld für die Mitarbeiter beantragt: Die Ausbildung sowie die Betreuung der Hunde müssen gesichert sein und die Miete für das Ausbildungszentrum pünktlich überwiesen werden.

Zu Beginn des ersten Lockdowns war Tatjana in Schockstarre, doch schnell musste sich diese in Betriebsamkeit wandeln. Denn vieles muss organisiert werden, um den Betrieb auch unter den erschwerten Corona-Bedingungen am Leben halten zu können. Gemeinsam mit ihrem Team reagiert sie sehr flexibel auf jede Maßnahmenänderung, die die Bundesregierung ausruft, justiert täglich nach und spricht ständig mit möglichen Unterstützern des Vereins, um Spenden zu sichern. Das alles kostet die 52-jährige unfassbar viel Energie. „Am Anfang der Pandemie waren wir noch voller Hoffnung, auch unter diesen schweren Gegebenheiten viele Förderer und Sponsoren davon überzeugen zu können, uns weiterhin finanziell zu unterstützen.“, erzählt die zierliche Frau mit dem dunklen Haar. „Doch leider wurden wir bald eines Besseren belehrt. Viele Unterstützer mussten sich zurückziehen und die Situation spitzte sich bei VITA immer weiter zu.“ Auch die für den Verein so wichtigen Veranstaltungen wie Turniere oder die große jährliche Spendengala im Wiesbadener Kurhaus müssen 2020 abgesagt werden und für 2021 steht das medienträchtige Event, je nach Infektionsgeschehen, auch auf der Kippe.

In einem riesigen Kraftakt schaffen es Tatjana und ihre Mitarbeiter bis zum Jahresende 2020 doch noch einige wichtige Spender und Sponsoren zu mobilisieren, die dem Verein finanzielle Unterstützung zusichern. Von der Hoffnung auf einen besseren Pandemie-Verlauf im Jahr 2021 getragen, startet die Vereins-Gründerin voller Optimismus in das neue Jahr. Doch die erneuten Lockdowns und der schleppende Fortgang der Impfkampagne sind ein Rückschlag für Tatjana, mit dem sie so nicht gerechnet hat. „Alle Kraft und Energie habe ich in den letzten zwölf Monaten aufgebraucht.“, berichtet die 1. Vorsitzende von VITA. „Wir mussten unseren VITA-Teams, die Größtenteils zur Hochrisikogruppe gehören, so viel von unserer Power geben, sie trösten und ihnen in der Isolation beistehen, dass wir für uns selbst nur noch ganz wenig übrighaben. Das ist sonst ok, doch jetzt fehlen uns all die wundervollen Momente und Begegnungen mit ihnen, die unsere Speicher wieder auffüllen.“

Privatleben und Beruf lassen sich für Tatjana schon seit vielen Jahren nur schwer trennen, doch die Corona-Pandemie lässt nun alles zusammenfließen. In den letzten Monaten fragt sich die Diplom Sozialpädagogin immer wieder im Stillen, ob VITA die ganze Angst, Bedrückung und Hilflosigkeit wert sind. „Doch dann sehe ich in die Augen der Menschen, denen ich durch die Ausbildung eines Assistenzhundes so viel Lebenssinn geben durfte und bin mir sicher, dass sich dafür einfach alles lohnt!“ Jeder Tag bringt sie an ihre Grenzen und jeder Tag hält neue unüberwindbar erscheinende Hürden bereit, doch für Tatjana und VITA muss es weitergehen. „In vielen Momenten funktioniere ich nur noch. Meine eigenen Emotionen haben keinen Platz, ich nehme mich im Sinne der anderen immer zurück und fühle mich häufig sehr allein. Ich bin einfach komplett ausgepowert, hilflos und kraftlos.“

Die Lockdowns im Winter 2020/2021, die ihre Weiterführung im Frühjahr finden, bringen wieder sehr viele Probleme für den Verein, der sein Ausbildungszentrum im Westerwald betreibt. Mitarbeiter müssen wieder in Kurzarbeit geschickt werden, die Betreuung der Menschen und ihren Assistenzhunden kann nur sehr eingeschränkt und im Freien stattfinden, geplante Anschaffungen müssen gestoppt werden. Zum Glück springen einige Stiftungen sowie wichtige Ankerspender ein und finanzieren z.B. notwendige Beschattungen, um die Betreuung der Menschen im Rollstuhl auch im Sommer trotz praller Sonne im Freien weiterführen zu können.

Kann Tatjana auch positive Aspekte in der Krise sehen? Das fällt ihr schwer, doch sie findet es bemerkenswert, wie eng die schwierige Situation sie und ihre Mitarbeiter zusammengebracht hat. „Wir mussten uns nochmal auf einer ganz anderen Ebene lernen zu vertrauen, viel offener miteinander sprechen und uns aufeinander verlassen. Unser kleines Team ist diesen Weg gemeinsam gegangen, wir unterstützen uns und geben uns gegenseitig Zuversicht.“, so die 52-jährige. „Ich wünsche mir sehr, dass wir das auch nach Corona aufrechterhalten können. Diese große Vertrauensbasis schätze ich unheimlich.“

Nach den zermürbenden Monaten des Lockdowns vermisst Tatjana, so wie die meisten Menschen um sie herum, die persönlichen Kontakte, das unbeschwerte Zusammensein und den Körperkontakt. Gerade auch in ihrer sozialtherapeutischen Arbeit mit körperbehinderten Menschen ist sie auf Berührungen und Umarmungen angewiesen. Die Unterstützung und das Trösten ohne Körperkontakt? Für sie nur schwer möglich. Aber zum Glück hat sie in diesen Momenten immer ihre Helfer auf vier Pfoten an der Seite, die viele der schweren Situationen auffangen und entschärfen. „Seit über zwanzig Jahren bilde ich nun bereits Assistenzhunde aus und weiß, welche Wunder diese Vierbeiner bewirken können. Doch in der Corona-Pandemie hat die mentale Unterstützung unserer Assistenzhunde für ihre menschlichen Partner nochmal eine ganz andere Qualität erreicht.“

Als Abschluss möchten wir Sie bitten, folgende Fragen mit den vorgegebenen Möglichkeiten (Mehrfachnennung möglich) zu beantworten. Daraus soll ein Diagramm entstehen, dass die Belastung durch Corona aller Befragten auf einen Blick darstellt.