Charlotte

Abiturientin

„Ich habe einen Teil meiner Jugend verloren und ich hatte nicht die Möglichkeit so zu leben, wie ich will. Corona hat meine Zukunftspläne ruiniert!“ Das sagt die Studierende Charlotte, auf die Frage, wie sehr sie die Corona-Pandemie trifft. Für die 18-jährige sollte das Jahr 2020 etwas ganz Besonderes, etwas ganz Großes werden. Nach dem Abitur im Frühling wollte Charlotte ihre Sachen packen und sich ihren größten Traum erfüllen: Einige Zeit im Ausland verbringen und das Leben in vollen Zügen in einem fremden Land genießen. Doch daraus wurde nichts!

Auf vieles, was zum Schulabschluss dazugehört, musste Charlotte aufgrund von Corona verzichten

Es ist schwer auf ein Jahr zurückzublicken, das eines der aufregendsten für Charlotte hätte werden sollen. Für Schüler*innen ist das Abitur ein Meilenstein in ihrem Leben. Nicht nur die absolvierten Prüfungen, die den Weg zum Studium oder einer Ausbildung ebnen, stehen im Mittelpunkt. Es sind auch die Abiturs-Feier, der Abiball und das ausgelassene Feiern mit den Freunden und Klassenkamerad*innen. Für Charlotte löste sich das alles in Luft auf: „Die ganze Situation ist sehr, sehr schwierig und bedrückend, grade weil ich eben nicht die Möglichkeit hatte, meinen ersten gemeisterten Lebensabschnitt anständig zu zelebrieren. Die ganzen Sachen, auf die man sich nach dem Schulabschluss gefreut hat, waren einfach nicht möglich.“ Das Einzige, was die Tatsache dieses verlorenen Jahres für die 18-jährige erträglich macht, ist das Wissen, dass sie nicht alleine ist.

Trauer, Einsamkeit durch mangelnde Sozialkontakte und das Gefühl von Verlust, durch die fehlende Option ihre freie Zeit angemessen nutzen zu können, bestimmen seit einem Jahr Charlottes Leben. Sie leidet darunter, ihre Freunde nicht sehen zu können, sich persönlich auszutauschen und mit ihnen unbeschwert Spaß zu haben. „Gerade für uns junge Menschen ist es schwierig, nicht die Möglichkeit zu haben abends weg zu gehen oder auch mal feiern zu gehen. Ich hoffe sehr, dass das in geraumer Zeit wieder möglich sein wird.“ Sie vermisst das Unbeschwerte, sich ohne Maske zu bewegen, ohne großes Nachdenken mit der Bahn zu fahren und nicht akribisch darauf achten zu müssen, den Mindestabstand zu anderen zu halten. Die Angst vor Corona scheint ein ständiger Begleiter – was als Phase begann, scheint auf unabsehbare Zeit der Alltag zu sein.

Natürlich gibt es auch Augenblicke, wo sie dem eingeschränkten Leben etwas Positives abgewinnen kann. Statt sich Hals über Kopf nach dem Abitur ins pralle Leben zu stürzen, konnte sie sich auf sich selbst konzentrieren, ihre Zukunftspläne hinterfragen und sich genug Zeit nehmen, um sich selbst nach dem Abiturstress herunterzufahren. Sie genießt das enge Zusammensein im sicheren Rahmen der eigenen Familie, die immer enger werdende Bindung zu ihrer Schwester und merkt schnell, was für sie wirklich zählt: „Ich denke, dass die Krise uns alle viel gelehrt hat und gezeigt hat, was vielleicht wirklich wichtig ist und was wir immer als wichtig empfunden haben, aber eigentlich nicht wirklich essenziell ist.“ Ein Praktikum nach dem Abitur war für Charlotte ein wahrer Glücksgriff und hat ihr klar gemacht, dass sie sich noch etwas Zeit nehmen will, bevor sie das Studium der Biomedizinische Chemie in Mainz letztendlich im April 2021 beginnen wird.

Corona hat die Studierende verändert, sie reifer gemacht, sie ist sich ihrer Privilegien bewusst geworden und wie stark sich ihr Leben von dem Leben vieler anderer unterscheidet. Sie schätzt viele der kleinen Dinge, die für sie früher ganz selbstverständlich waren. Und das möchte sich Charlotte erhalten, denn nichts ist einfach mehr selbstverständlich!

Charlotte hofft auf eine Zukunft ohne Corona, die es ihr ermöglicht, ihre sozialen Kontakte wieder so pflegen zu können, wie vor der Krise. „Ich hoffe, meine Jugend noch so richtig auskosten zu können und nicht dadurch eingeschränkt zu werden, dass zum Beispiel Bars geschlossen sind oder es nicht die Möglichkeit gibt zu reisen. Ich möchte meine Großeltern wieder regelmäßig sehen, ohne Angst zu haben, dass sie sich möglicherweise infizieren oder sich einem großen Risiko aussetzen.“