Britta

Freiberufliche Fotografin

Als Solo-Selbständige trifft die Darmstädter Fotografin Britta die Corona-Pandemie besonders hart. Ihre zahlreichen Aufträge brechen wegen der bestehenden Kontaktbeschränkungen im ersten Lockdown weg und das Berufsleben liegt von heute auf morgen brach: „Tag für Tag kamen Anrufe oder Mails mit Absagen, bis das gesamte Leben binnen weniger Tage zum Erliegen gekommen war.“

Als freiberufliche Fotografin gilt Britta als Solo-Selbständige. Sie ist Mutter eines 4-jährigen Sohnes.

Doch als Mutter eines 4-jährigen Sohnes hat die Selbständige ab sofort einen neuen Fulltime-Job: Sie betreut ihr Kind – denn die KiTa hat natürlich auch zu. Doch das bringt sie auch an die Grenze der Belastbarkeit. Zum einen lasten auf Britta die Sorgen und Ängste, wie sie das Leben der Familie in der Krise finanzieren kann und zum anderen, die ständige Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse ihres kleinen Sohnes. Denn er versteht die Welt nicht mehr: Warum darf er seine Freunde nicht mehr treffen? Warum darf er nicht über den Spielplatz toben oder die Oma besuchen und sie fest umarmen?

„Wir haben einmal mehr gesehen, wie besonders Kinder, die wir ja in die Gesellschaft hineinbegleiten möchten, ihresgleichen brauchen. Ein buntes Umfeld, nicht nur die Eltern oder ein anderes Kind“, so die Fotografin und erzählt von schwierigen Entwicklungen, die sie bei anderen Kindern beobachten musste. „Wir hatten Kontakt mit einem Kind aufrechterhalten, dessen Verhalten in der Isolation ganz nach dessen Geschmack immer extremer Ichbezogen wurde und unser Kind mehr und mehr dominiert hat, bis ich die Notbremse gezogen habe. Das arbeiten wir auch bis heute auf…“

In den ersten Wochen des Lockdowns ist Britta oft gereizt und kann den Gedanken an das schwindende finanzielle Polster nur selten verdrängen: „Mulmig war mir, weil ich wusste, dass ich/wir meine Reserven – wenn auch sparsam – aufbrauchen und klar war, dass die Durststrecke dann zeitversetzt zuschlagen wird.“ Als Solo-Selbständige fällt sie eigentlich komplett durch das Raster aller Soforthilfen, die die Regierung zur Verfügung stellt. Denn diese wird nur für laufende betriebliche Kosten veranschlagt, nicht jedoch z.B. für die Miete der eigenen Wohnung oder Lebensmittel. Wie bei fast allen Solo-Selbständigen sind die fixen Betriebskosten auch bei der Fotografin sehr gering, somit ist die Erstattung nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Für Britta bedeutet der erste Lockdown also: Drei Monate Verdienstausfall. „Sofort hieß es, man solle für die privaten Kosten ALG2 – also Hartz IV – beantragen. Hier betrete ich mit meinem Partner Neuland und bin erschüttert! Aus vielfältigen Gründen ist es das falsche Instrument, ausgebliebene Jobs zu ersetzten.“, so die 46-jährige. „Beispielsweise kann ich die Rate für das Abbezahlen meiner Wohnung nur von Ersparnissen nehmen – hier ist nicht einmal ein an die gängigen Mieten angepasster Sockelbetrag vorgesehen. Das eigentlich Schlimme ist jedoch, dass zwei steuerlich eigenständige Menschen nicht als solche behandelt werden und der auf mich gedachte Betrag wortlos auf das Konto meines Freundes wandert, obwohl wir getrennte Kassen haben und auch zwei getrennte Anträge gestellt hatten.“ Bereits das Ausfüllen der umfangreichen Anträge auf ALG2 stellt die Fotografin vor eine große Herausforderung: „Selbst für mich als Muttersprachlerin war das wirklich eine zeitaufwändige Sache, die in unserem Falle jedem maximal 432,00 Euro pro Monat hätte bringen können. De Facto haben wir noch weniger erhalten, da ich davor ‚zu viel‘ verdient hatte, ohne die tatsächlichen Ausgaben von dem konkreten Betrag zu berücksichtigen.“

Doch die Selbständige sucht nach weiteren Möglichkeiten, um die finanziellen Ängste etwas abzufedern. „Ich musste viel Ärger darüber loswerden, finanziell von Entschädigungen ‚vergessen‘ worden zu sein und musste dafür erniedrigende Kämpfe mit den Behörden ausfechten.“ Im Juni beantragt sie Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz – IFSG – und einen Ersatz für ihren Verdienstausfall aufgrund der flächendeckenden KiTa-Schließungen. Doch auch hier lassen sich die Behörden Zeit und erst im Dezember 2020 erhält die Fotografin eine Auszahlung.

Nach einigen Wochen Lockdown und der anfänglichen Panik in Anbetracht der desolaten finanziellen Lage und der Fassungslosigkeit, kommt auch langsam die Entspannung ins Brittas Leben. Denn auf einmal genießt sie die Zwangspause und die Langeweile – zu verpassen gibt es nichts! Wie so viele vermisst Britta schmerzlich die Unbeschwertheit, das Vertrauen untereinander und die Möglichkeit sich nah sein zu können. Immer wieder spürt sie Misstrauen gegenüber anderen und Unsicherheit – vor Corona für die Fotografin undenkbar.

Der Sommer tut sein Übriges und die kleine Familie kann im Freien wenigstens etwas Normalität leben. Die Hoffnung, dass sich die entspanntere Lage auch im Herbst aufrechterhalten lassen mag, verlässt die 46-jährige schnell, doch das Deutschland in den zweiten Lockdown schlittert, hätte sie nicht gedacht: „Die heutige Realität war im Sommer noch Schwarzmalerei, der ich mich da noch nicht hingeben wollte. Vielleicht brauche ich auch nur sehr lange, die Umfänglichkeit der Situation wirklich zu begreifen – aber mit andauernder Zeit, mit weniger Jobs als sonst, ohne Zeitpunkt, auf den man hinfiebern könnte, geht die Stimmung langsam, aber stetig bergab.“