Aleksandra

Konzertpianistin und Präsidentin der Chopin-Gesellschaft

Konzertreisen, Pressekonferenzen, Auftritte vor begeistertem Publikum, internationale Anerkennung – das war jahrelang das Leben der virtuosen Konzertpianistin Aleksandra. Ihr Alltag als viel umjubelte Künstlerin und Präsidentin der Chopin-Gesellschaft war geprägt durch die weltweiten Engagements, große Bühnen und das Zusammensein mit ihren Musikerkolleg*innen. Heute, ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie, ist davon fast nichts geblieben. „An manchen Tagen scheint mir mein früheres Leben wie ein Film aus der Vergangenheit!“ sagt die 39-jährige im Frühjahr 2021.

Ihr früheres Leben als Konzertpianistin erscheint Aleksandra manchmal wie ein Film

Aleksandra betrachtet den Ausbruch des Virus nüchtern, für sie war eine solche Katastrophe absehbar: „Es war zu erwarten, dass die rücksichtslosen Handlungen der Menschheit gegenüber der Natur, Tieren und Umwelt eines Tages eine uns alle betreffende Konsequenz mit sich bringen wird. Es wundert mich überhaupt nicht, dass eine solche Katastrophe nun eingetreten ist.“

Ihr bisheriges Leben beschreibt die gefeierte Pianistin als kunterbunt. Bereits als Kind entwickelt die in Warschau geborene Aleksandra die große Liebe zur Klaviermusik und verfolgt andächtig im Fernsehen in der kleinen Plattenbauwohnung im zehnten Stock den Chopin-Wettbewerb, bei dem sie viele Jahre später 2005 als beste polnische Pianistin geehrt wird. Die Plattenbausiedlung lässt sie auf der Suche nach Freiheit hinter sich und beginnt ihre musikalische Ausbildung in Deutschland und studiert in Mannheim, Karlsruhe, Hannover und dem italienischen Imola.

Nicht nur beruflich trifft Aleksandra die Corona-Krise schwer. Die Sehnsucht nach ihren Eltern, die in Polen leben, ist groß und jeden Tag präsent. Seit über einem Jahr hat sie sie nicht gesehen, einige ihrer Bekannten sind an dem Virus schwer erkrankt und der Kontakt zu Freunden ist stark eingeschränkt. „Ich konzentriere mich voll und ganz auf meine Lehrtätigkeit und versuche die neuen Ideen für Programme und CD- Einspielungen zu entwickeln oder die neue Literatur zu lernen. Diese ist zum Glück im Bereich der Klaviermusik groß genug um die Pandemiezeit sinnvoll und spannend zu verbringen.“, erzählt die Pianistin lachend. „Eine solche künstlerische Spielpause kann man sehr gut gebrauchen. Sie ist oft eine wichtige Voraussetzung für die Kreativität und Frische. Ohne diese beiden Komponenten ist die Entwicklung auf Dauer nicht möglich.“

Vor der Corona-Pandemie war ihr Leben oft Jahre im Voraus verplant, Tourneen gaben das Tempo vor: „Das größte Problem scheint im Moment für mich die Unberechenbarkeit des Geschehens zu sein, alle Planungsbemühungen scheitern, die Zukunft ist absolut ungewiss, ich lebe von Woche zu Woche und versuche mich an diese neue Situation bestmöglich anzupassen.“ Die finanzielle Situation ist natürlich auch angespannt und ohne staatliche Unterstützung durch die Corona-Hilfen wäre es nicht zu meistern.

„Die erste Zeit des Lockdowns im Frühling 2020 kam mir persönlich trauriger und bedrohlicher vor. Alles war sehr unberechenbar und neu, viele Fragen kreisten durch meinen Kopf.“, so Aleksandra. Mit dem zweiten Lockdown hatte diese außergewöhnliche Situation etwas ihres Schreckens verloren, fühlte sich für sie aber immer noch mühsam und anstrengend an. Leere Bahnhöfe, verödende Innenstädte, die bedrohliche Stimmung und die Isolation empfindet Aleksandra als äußerst bedrückend.

Großes Mitgefühl hat sie für die Menschen, die durch diese weltweite Krise allein gehen müssen: „Am meisten tun mir im Herzen die alleinlebenden Menschen leid. Meine Familie gibt mir momentan viel Stabilität und Halt. Es ist fast unvorstellbar, bei der Komplexität der jetzigen Lage, sich dieser Situation als alleinlebende Künstler*in stellen zu müssen.“ Und weiter: „Was mich sehr bewegt, ist das Leiden der vielen Kranken, allein Sterbenden, meiner Musikerkolleg*innen, die um ihre Existenz kämpfen, vieler Künstler*innen, die in aussichtlosen Depressionen versunken sind, Veranstalter*innen und Konzerthäuser, die ihre Zukunft nicht absehen können und der vielen lieben Publikumsmitglieder, die süchtig nach Musik und Besinnung ewig auf ein Konzert warten müssen. Das stimmt mich persönlich sehr traurig.“

Es gibt Tage, an denen die charismatische Pianistin die Entschleunigung ihres Lebens auch sehr zu schätzen weiß. Sie nutzt die Auszeit für ihre Familie und für ihre Katze, genießt die Natur bei langen Spaziergängen und nimmt sich immer wieder Momente zum Innehalten – all das möchte sie auch nach der Corona-Pandemie beibehalten: „Die Zeit zum Nachdenken und künstlerisch kreativ zu werden, ist mir ganz besonders wichtig. Die Zeit zum Reflektieren und die alten Muster und Aufgaben neu zu definieren, das Leben neu zu skizzieren und die Veränderungen zu akzeptieren. Diese Erfrischung tut mir und meiner pianistischen Entwicklung sehr gut und macht mich kreativ und wissensdurstig. Es ist spannend und unberechenbar.“ Sie blickt mit Neugier und Vertrauen, auf das was kommt, möchte das Leben etwas entspannter und ruhiger betrachten: „Es gibt immer eine Tür, die sich öffnet, wenn die anderen Türen zugehen. Das Leben ist ein Prozess, der ständig der Wandlung unterliegt. Das ist mir in den letzten Monaten ganz besonders bewusst geworden“.

Aleksandra empfindet ein großes Gefühl der Dankbarkeit, ihre Leidenschaft und Liebe zur Musik zu ihrem Beruf gemacht zu haben und ein Leben zu führen, dass ihr jede Menge Freiheit und Selbstbestimmung bietet. Bereits heute fiebert sie dem Moment entgegen, Menschen mit ihrer Musik wieder auf den großen Bühnen der Welt mitreißen zu dürfen und das Glück nach einem gut gespielten Konzert durch ihren Körper strömen zu lassen.

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